Von Aleksandra Stefanovic
„Ich bin Feministin“ – selbst in unserer doch so fortschrittlichen Zeit, schrecken viele vor diesem Satz zurück oder verdrehen zumindest die Augen. Dass die Gleichberechtigung in einer Stadt gefördert werden sollte, steht allerdings außer Frage. So gilt die Stadt Wien als gutes Beispiel dafür, wie’s gemacht werden soll. Ob es nun um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln oder aber um die Rücksichtnahme bei der Stadtplanung, Wien steht für seine Gleichberechtigung ein! Durch Gender Mainstreaming würde eine Berücksichtigung von allen Geschlechtern, in Bezug auf Prozesse und Maßnahmen, eine Selbstverständlichkeit darstellen und so zur Gleichberechtigung beitragen. (Stadt Wien, 2020)
Gemeinsam mit meiner Forschungsgruppe haben wir die Repräsentation der Frau und des Mannes in den Presseaussendungen des Presseinformationsdienstes (PID) der Stadt Wien näher angeschaut. Denn alle Geschlechter sichtbar zu machen ist Ursula Bauer, welche seit vielen Jahren für das Magistrat in Wien tätig ist, sehr wichtig. Die Umsetzung ist allerdings nicht immer einfach. Die Stadt Wien stellt seit 2010 einen Leitfaden für das Verfassen gendergerechter Texte zur Verfügung, der viele Möglichkeiten enthält, es richtig umzusetzen. Eine quantitative Inhaltsanalyse der Presseaussendungen zeigt, dass immer noch viel Arbeit vor uns liegt. Das Ergebnis dieser Analyse hat bei unserer Gruppe Fragen aufgeworfen, die wir durch ein qualitatives Interview zu beantworten versucht haben. Presseaussendungen der Stadt Wien entstehen unter enormen Zeitdruck, was dazu führen kann, dass das Gendern untergeht. Bei offiziellen Schriftstücken wird allerdings streng darauf geachtet alle auf gleicher Höhe anzusprechen. So stellt sich mir die Frage, warum es auch unter hohem Zeitdruck nicht möglich ist, es zu etwas selbstverständlichem zu machen, beide Geschlechter gleichermaßen und auf Augenhöhe anzusprechen, wo es doch sogar schon einen Leitfaden gibt. Die Ergebnisse sprechen für sich: In den Presseaussendungen der Stadt Wien kommen Frauen deutlich seltener als Männer zu Wort.
Awareness Raising sollte groß geschrieben werden, denn meiner Meinung nach kann man nur dadurch den Menschen zeigen, was sie nicht sehen oder nicht sehen wollen. Es ist klar, dass Betroffene, die der Diskriminierung zu Opfer fallen, sich eher für Gleichberechtigung einsetzen, als jemand, der nicht damit konfrontiert wird. Im Laufe des Forschungszeitraumes ist mir aufgefallen, dass ich bei der Repräsentation der Geschlechter einen kritischen Blick entwickelt habe, gerade weil ich mich mit der Thematik beschäftigt habe. Durch das Bewusstsein, dass es Ungleichheiten im Umgang mit den unterschiedlichen Geschlechtern gibt, hat sich meine Sichtweise geändert.
Doch wie will man die Ungleichheit aufgreifen und beleuchten?
Das Global Media Monitoring Project (GMMP), welches 1995 ins Leben gerufen wurde, ist die weltweit größte Langzeitstudie zur Geschlechterrepräsentation in den Medien. Alle fünf Jahre wird eine neue Serie des Projektes veröffentlicht und berücksichtigt in diesen, neben dem Vergleich der Frau und dem Mann , auch die Stereotypisierung dieser in der Medienberichterstattung. Die letzte Version wurde 2015 veröffentlicht und wurde in insgesamt 114 Ländern weltweit von Freiwilligen durchgeführt. Erst durch die Ergebnisse des GMMP wird sichtbar, dass Frauen in den Meiden stark unterrepräsentiert sind. Im Laufe der zwanzig Jahre sieht man nur kleine und langsame Veränderung der Daten. Lediglich 24% der in den Nachrichten repräsentierten Interviewten oder Personen, um die es geht, sind weiblich! Die weibliche Meinung zu Themen der News Agenda wird kaum gehört und selbst bei Themen, in denen Frauen im Mittelpunkt stehen, steht die männliche Meinung im Vordergrund der Berichterstattung. Außerdem wird das weibliche Geschlecht sehr selten als Figur mit Autorität dargestellt. (WMTN, 2020)
Genau aus diesem Grund gibt es Initiativen, die versuchen, gerade diese Ungerechtigkeit auszugleichen. Der französische Nachrichtensender France 24 führte vor einigen Jahren „The 51%“ ein. Ein Programm, welches sich mit Frauen beschäftigt und wie sie die Welt verändern. Moderiert wird die Show jeden Freitag von Annette Young. (France24, 2020)
Das GMMP ist sicherlich eine Bereicherung für all jene, die Zahlen und Fakten zur Verdeutlichung der Ungleichmäßigkeit vorlegen möchten. Wie wichtig die Langzeitstudie ist betont auch Abida Pehlic, deren Organisation Novi Put, sich dem Forschungsteam des GMMP im Jahr 2015 angeschlossen hat. Gerade am Balkan, wo noch eine starke patriarchalische Tradition und dominante Klischees über Frauen vorherrschen, sind solche Organisationen wichtig.
“Women are generally perceived as unambitious, dependent, irrational, or quite often pictured only as a sex symbol”
Abida Pehlic
Bevor es das GMMP gab, wurden die Proteste gegen die Ungerechtigkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht nicht ernst genommen betont Abida. Rein aus dem Grund, dass es kein Tool gab, um die Daten zusammenzutragen. Nun benutzen sie die quantitativen und qualitativen Daten und Tools, die GMMP zur Verfügung stellt.
“Those evidences were very useful for building critical media literacy of audiences to enable them to effectively engage with gender issues, but also for more targeted media advocacy aimed at addressing gender issues in journalistic output”
Abida Pehlic
Genau diese Art von „sichtbar machen“ ist meiner Meinung nach der richtige Weg, um zu zeigen, dass es sehr wohl Ungerechtigkeiten gibt und diese durch einen einfachen Faktencheck zu erkennen sind. Was also meine Strategie ist um der Ungerechtigkeit den Kampf anzusagen? Ich werde mit Fakten argumentieren, denn Zahlen lügen nicht. Die Stadt Wien gilt als gutes Beispiel für Gender Mainstreaming und wenn weitere Länder diesem Beispiel folgen, können wir gemeinsam ein Zeichen gegen Sexismus und Diskriminierungen der Geschlechter setzen.
Quellen
Stadt Wien. Abgerufen am 05.02.2020, von https://www.wien.gv.at/menschen/gendermainstreaming/ziele/index.html
Who makes the News?GMMP. Abgerufen am 05.02.2020, von http://whomakesthenews.org/gmmp
Who makes the News? Abida Pehlic. Abgerufen am 05.02.2020, von http://whomakesthenews.org/articles/gender-and-media-monitoring-useful-for-media-literacy-in-bosnia-herzegovina
France24, the 51%. Abgerufen am 05.02.2020, von https://www.france24.com/en/tv-shows/51-percent/3#pager