Von Marlene Pinzker
Bis vor wenigen Jahrzehnten war Gender Equality und Gender Mainstreaming noch kein Thema der Gesellschaft. Damals war es normal, dass Frauen den Männern unterstellt sind. Seither werden viele bislang alltäglich erscheinende Dinge hinterfragt. Es wird aktiv an der Gleichstellung von Frauen und Männern gearbeitet, allerdings sind es bisher hauptsächlich Frauen, die um ihr Recht kämpfen müssen. Männer sehen das oft ganz anders und sind der Meinung, die Situation wäre normal und naturgegeben. Ein Aspekt, der sehr klar und deutlich zeigt, dass Gender Equality noch lange nicht erreicht ist, ist der Equal Pay Day. Der Equal Pay Day wird in Österreich seit 2009 jährlich offiziell berechnet und veröffentlicht.
Dieser Tag war bisher in Österreich Mitte Februar. Bis zu diesem Datum, das jedes Jahr neu berechnet wird, arbeiten Frauen im Vergleich zu Männern unentgeltlich. Für das Jahr 2020 wurde der Equal Pay Day am 25. Februar errechnet, erst ab diesem Tag verdienen Frauen genauso viel wie ihre männlichen Kollegen, die die selbe Arbeit verrichten. Das bedeutet, Frauen arbeiten im Jahr 2020 exakt 56 Tage, ohne bezahlt zu werden. Frauen verdienen laut Statistiken 84,4% des Einkommens, das Männer für ihre Arbeit erhalten. Diesen massiven Gehaltsunterschied nennt man Gender Pay Gap, die es zu bekämpfen bzw. zu schließen gilt. Im Bundesländervergleich schneidet Wien am besten ab, das heißt dort ist die Kluft zwischen dem Verdienst von Männern und Frauen am geringsten. In Vorarlberg hingegen ist die Gender Pay Gap am größten.
Der Verein Business & Professional Women (BPW) ist ein internationales Netzwerk, das sich aktiv für die Gleichstellung von Frauen einsetzt. Sie sind in mehr als 90 Nationen vertreten und kämpfen für die Rechte von Frauen auf allen Ebenen. BPW Austria ist Teil dieses Netzwerks, sie giilt als bedeutendstes und größtes Frauennetzwerk Österreichs. Der Verband ist in den 1930er Jahren entstanden und unterstützt Frauen in allen Lebenslagen. Eine Aufgabe unter vielen ist es, den Equal Pay Day für Österreich auf Basis von nationalen Einkommensstatistiken zu errechnen.
Laut einer aktuellen Studie beginnt die Lücke zwischen dem Einkommen von Männern und Frauen schon während des Studiums. 10.000 Studierende in Österreich wurden zu ihren Gehaltsvorstellungen nach dem Studium befragt. Dabei kam heraus, dass sich Frauen mit deutlich niedrigeren Einstiegsgehältern zufrieden geben als ihre männlichen Kollegen. Vor allem im Bereich der Naturwissenschaften und im Gesundheitswesen ist der Unterschied sehr groß. Frauen dieser Studienrichtungen erwarten sich als Erstgehalt auf das Jahr gerechnet um rund 10.000 Euro weniger. Das zeigt, dass die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen in Bezug auf ihr Gehalt schon sehr früh konstruiert wird, nämlich von Anfang an in den Köpfen der Menschen. Frauen wird bereits von Beginn an beigebracht, beim Thema Gehalt nicht zu viel zu verlangen.
Im EU-Vergleich schneiden Frauen in Bezug auf ihre Ausbildung sogar besser ab als Männer. 33% der Frauen in der EU haben eine tertiäre Ausbildung abgeschlossen, im Gegensatz dazu liegen Männer diesbezüglich bei 29%. Frauen sind trotzdem in Top-Positionen im Vergleich zu Männer unterrepräsentiert.
Die oben genannte Studie zeigt ebenfalls, dass gut ein Viertel aller Männer einmal jährlich nach einer Gehaltserhöhung fragen, bei den Frauen hingegen waren rund ein Drittel noch nie bei ihrem Chef, um nach mehr Geld zu verlangen.
Ein weiterer Aspekt, der die Ungleichheit im Berufsleben zwischen den Geschlechtern zeigt, ist der Anteil an unbezahlter Erwerbsarbeit, die größtenteils von Frauen verrichtet wird. Frauen kümmern sich meistens um den Haushalt und die Kindererziehung. Aufgrund der vielen Zeit, die Frauen in diese unbezahlte Arbeit stecken, können sie im bezahlten Gewerbe oft nur in Teilzeit arbeiten. Mit der sogenannte gläsernen Decke haben deshalb viele weibliche Angestellte zu kämpfen. Ein Aufstieg in höhere berufliche Positionen ist aufgrund der schwierigen Vereinbarkeit von Familie, Haushalt und Beruf oft nicht möglich. Laut einer Studie wünschen sich Frauen vor allem eine
leichtere Vereinbarkeit von Karriere und Familie. Das würde Stress reduzieren und gleichzeitig die Aufstiegschancen für Frauen erhöhen.
Im europäischen Vergleich liegen Deutschland, Tschechien und Österreich auf dem letzten Platz was die Gleichverteilung des Einkommens unter Frauen und Männern anbelangt. Die niedrigste Gender Pay Gap können Italien, Polen, Rumänien und Belgien verzeichnen. Dort betragen die Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern nur rund 5%, das heißt, dort verdienen Frauen um „nur“ 5% weniger als ihre männlichen Kollegen.
Die Gender Pay Gap findet sich nicht nur im Berufsleben bzw. im erwerbsfähigen Alter wieder, sondern betrifft auch das Einkommen in der Pension. Aus diesem Grund wurde 2015 zusätzlich zum Equal Pay Day auch der Equal Pension Day als offizieller Aktionstag zur Erinnerung an die Ungleichheit ernannt. Die Ursachen für die geringere Pension sind vor allem die Teilzeitarbeit aufgrund von Erziehung und Pflege von Kindern oder anderen Verwandten sowie aufgrund der Karenzzeiten während der Schwangerschaft und der ersten Lebensjahre bzw. -monate der Kinder. Denn je höher das Stundenausmaß im erwerbsfähigen Alter, desto mehr Einkommen erhält jede Person in ihrem Ruhestand.
Hier noch einmal alle Fakten zum Thema im Überblick: Frauen verdienen in Österreich für die gleiche Arbeit rund 15% weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Hauptgründe dafür sind die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die damit einhergehenden Karenzzeiten und Teilzeitarbeit. Diese Ursachen ziehen die Ungleichheit im Einkommensvergleich bis ins Pensionsalter, auch hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Dieses ungleiche Denken ist seit Kindheits- und Jugendtagen in den Köpfen der Menschen verankert, Frauen erwarten laut einer Studie 10.000 Euro weniger Jahreseinkommen nach Abschluss ihres Studiums. Auch wenn es um Gehaltserhöhungen geht, werden Frauen weit weniger aktiv und fordern weniger bzw. seltener als Männer nach mehr Geld. In Europa schneidet Österreich mitunter am schlechtesten ab und hat eine der größten Gender Pay Gaps zu verzeichnen. Seit 2009 wird durch Aktionen und Medienbeiträge jährlich auf den Equal Pay Day und die Unterschiede der Gehälter zwischen den Geschlechtern aufmerksam gemacht, in der Hoffnung, die Gender Pay Gap irgendwann überwinden zu können.
Literatur
- Business & Professional Women Österreich
- Equal Pay Day Österreich
- Metropole-Artikel Equal Pay Day Austria
- EU Komission Presse
- Arbeiterkammer Equal Pay Day
- Die Presse Artikel Gender Pay Gap
- Städtebund Presseaussendung
- Career Builder Frauenstudie