Angelika Doucha-Fasching über die Kraft von Frauen-Netzwerken

Von Sonja Wind

Das Thema Gleichberechtigung begleitet Angelika Doucha-Fasching schon seit ihrer Kindheit. So erinnert sich die heutige Ressortleiterin an das prägende Ereignis, als ihre Mutter in den 70er Jahren gegen den Abtreibungsparagraphen auf die Straße ging. Der Entschluss, sich selbst für Gleichberechtigung zu engagieren, entsteht während ihrer Tätigkeit bei einer Vorabendsendung des ORF. Unter anderem setzte sie sich dafür ein, dass neben der männlich dominierten Künstlerauftritte auch Platz für Frauen ist – damals keinesfalls eine Selbstverständlichkeit. Der zusätzliche Einzug frauenrelevanter Themen in die Sendung sorgte für Kontroversen in den Redaktionssitzungen. Dabei wurde Doucha-Fasching bewusst, dass sie für das Thema brennt.

Die Entstehung der Frauen-Task-Force

Als Alexander Wrabetz neuer Generaldirektor wurde, gab es bereits mehrere Frauennetzwerke innerhalb des ORF. Die einzelnen Gruppen entschlossen, sich zusammenzuschließen und mit einer Gründungsveranstaltung weitere Mitglieder zu rekrutieren. „Ich weiß noch, als wir dort gesessen sind und eine gesagt hat: Und was ist, wenn jetzt nur fünf Leute kommen?“, erinnert sich Doucha-Fasching zurück, „Du, dann trinken wir halt mit denen einen Kaffee und gehen wieder.“ Doch die Sorge erwies sich als unbegründet: Etwa 200 Frauen erschienen zur Versammlung.

Interview Sonja Wind und Melanie Strobl
Im Gespräch gewährt die sympathische Leiterin der Redaktion Familie Einblicke in die Plattform „Frauen im ORF“.

Obgleich von einigen Männern kritisiert und als „Blumenzüchterinnenverein“ belächelt, setzten die Frauen die Plattform unbeirrt um. „Die Zeit war reif dafür und es war wirklich notwendig. Wir haben einfach getan, nicht gefragt und nicht groß überlegt, wie wir das angehen sollen“, sagt Doucha-Fasching über das Vorgehen.

Kritik muss die Task-Force nach wie vor ertragen, auch wenn sich die Situation mittlerweile gebessert hat. „Ich glaube, es ist schon eine gewisse Führungsmänner-Generation weg, die früher da war. Mit denen war gar kein Gespräch möglich und die haben das alles einfach lächerlich gemacht oder ignoriert. Die nächste Generation weiß schon sehr genau, dass man um das Thema nicht herumkommt. Das heißt aber noch nicht, dass die glühende Frauenförderer sind.“

Frauenquote und „Lila Limette“

Durch die Frauen-Plattform wurden einige bedeutende Gleichstellungsmaßnahmen im ORF durchgeführt. Eine der größten davon ist die Frauenquote von 45 Prozent, die auch im ORF-Gesetz verankert ist. Der Gleichstellungsplan stellt eine weitere wichtige Errungenschaft dar. Die Ressortleiterin freut sich über die effiziente Umsetzung der Ziele: „Wir haben uns nach ein paar Jahren zusammengesetzt und geschaut, was es denn noch zu verwirklichen gibt. Dann haben wir gesagt: Wahnsinn, wir haben eigentlich schon sehr, sehr viel abgearbeitet.“

Mit der „Lila Limette“ erfand Doucha-Fasching einen ORF-internen Negativpreis, dessen Ziel es ist, Diskussionen anzuregen und Bewusstsein zu schaffen. Dabei soll ein „Zustecken des Schwarzen Peters“ nach außen hin verhindert werden. Lässt ein Kollege beispielsweise keine Frauen in seinen Dokumentationen vorkommen oder weist eine Produktion Defizite hinsichtlich gender-sensibler Berichterstattung auf, ist das ein Fall für die „Lila Limette“, so Doucha-Fasching.

Der Gegenspieler zur „Lila Limette“ ist der sogenannte Positivpreis. Die jährliche Auszeichnung wird an Produktionen mit vorbildhafter Berücksichtigung des Genderaspekts verliehen. „Den bekommt Ö1 natürlich oft“, erwähnt Doucha-Fasching.

Netzwerke bis in die Landesstudios

Die Mentoring-Programme bilden ein Kernelement der „Frauen im ORF“. Durch das Mentoring, das von erfahrenen Mitarbeiterinnen durchgeführt wird, entsteht ein starkes Netzwerkdenken im Haus. Sowohl die Mentees selbst als auch die Jahrgänge untereinander lernen sich auf diese Weise kennen und können sich vernetzen. Das Netzwerk begrenzt sich dabei nicht auf den Küniglberg, sondern erstreckt sich bis in die Landesstudios. „Da gibt es wahnsinnig viele Erfahrungen und die kann man untereinander gut nützen“, so Doucha-Fasching. Bezahlung für die ungefähr vierzig Mentorinnen gibt es keine, die Durchführung erfolgt aus Eigeninitiative.

Rat an private Medienhäuser

„Fernsehen produziert Realität“ – deshalb sei es auch für private Medienhäuser wichtig, Gleichstellung umzusetzen. „Wenn ich die Zuschauer mit den Themen und der Weltsicht abhole, die sie haben, dann schauen Sie vielleicht auch lieber meine Sendung. Allein aus diesem Grund würde ich mich als Programm-Macherin in einem Privatsender darum kümmern“, erklärt Doucha-Fasching. Die Klischees in Unterhaltungsformaten erklärt sie sich nicht mit einer grundsätzlichen Anti-Frauen-Einstellung, sondern mit traditionellen Rollenbildern in den Redaktionssitzungen.

Ziele für die Zukunft

Viele Ziele wurden schon erreicht, aber jede Zeit bringt neue Herausforderungen mit sich. Aktuell sind das die wirtschaftlichen Umstände und die damit verbundenen Einsparungen im ORF. „In manchen Fällen sieht man, dass es wieder eher die Frauen sind, wo dann eine Karenzstelle nicht nachbesetzt wird oder die Frauen es beim Wiedereinstieg durch Umstrukturierungen schwerer haben. Das sind Geschichten, die durch die wirtschaftliche Situation verschärft wurden“, sagt die Ressortleiterin. Der derzeitige Fokus der „Frauen im ORF“ ist es, dass die Einsparungen nicht auf Kosten der Frauen gehen.

Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. Denn auch wenn sich der Frauenanteil verbessert hat, ist er noch lange nicht dort, wo er laut Gesetz sein sollte.

Die Frage, ob sie glaubt, dass die Frauen-Task-Force irgendwann nicht mehr notwendig sein wird, beantwortet Angelika Doucha-Fasching mit einem Schmunzeln: „Wenn‘s irgendwann einmal obsolet sein sollte, freuen sich alle und wir feiern wieder ein Frauenfest. Aber die nächsten Jahre glaube ich schon, dass es einige große Themen geben wird.“


Podcast mit Angelika Doucha-Fasching

Im Podcast unterhalten wir uns mit der Ressortleiterin unter anderem über den richtigen Zeitpunkt, Kinder zu bekommen.

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